Eine Fotogeschichte.
Es ist eine besondere Atmosphäre, die diese Stadt prägt. Ich weiß nicht, ob ich sie mit dem Klischee beladenen Begriff „Saudade“ beschreiben würde. Eher freundlich, voller offensichtlicher, aber auch viel verborgener Schönheit und Charakter. Für einen Fotografen eine Fundgrube schönster und zum Teil anachronistischer Details.
Und doch spielt die melancholische Ausdrucksform des Fado natürlich eine Rolle, will man dem Charakter der Stadt auf die Spur kommen. In der Tasca do Jaime in der Rua da Graça singen Freunde, Familie und Nachbarn, noch ohne von Touristengruppen dabei gestört zu werden.

Die Schönheit der Stadt und ihrer Menschen wird auch in diesem hingebungsvollen Gesang widergespiegelt, der mitnichten immer traurig sein muss. „Saudade“ – ein Lebensgefühl? Eine gängige Definition spricht von der Kombination von Verlust und tiefer Trauer – so muss es gewesen sein, nachdem Portugal sein Heimspiel im Finale der Europameisterschaft 2004 gegen Griechenland verloren hatte. Aber herrschte nicht auch in Bayern vor kurzem kollektive Saudade, nachdem die Fußballer des FC Chelsea bewiesen hatten, dass Engländer in Ausnahmefällen doch Elfmeter schießen können? Einfacher wird es, wenn wir Saudade schlicht mit „tiefer Sehnsucht“ umschreiben.
Wo Schönheit herrscht, existiert auch die Kehrseite. Diese Feststellung ist zwar banal, in Lissabon wird sie dem Besucher auf seinem Stadtrundgang dennoch permanent vor Augen geführt. Romantische Stadtansichten sind für das touristische Auge eine legitime Perspektive, eine unausweichliche sind Bilder der Armut in einem von der Wirtschaftskrise gebeutelten Land.

A Ginjinha …
Den Unterschied zwischen morbidem Charme und touristisch aufgesetztem Anachronismus erkennt man am besten bei einer Fahrt mit dem traditionellen „Elevador“.